
Maskentragpflicht am Arbeitsplatz
Geschätzte AGV-Mitglieder
Im Internet kursieren verschiedene „Sach- und Rechtsatteste“ und „Empfehlungen“ an Mitarbeitende mit der Aufforderung, sich der Maskenpflicht im Betrieb zu widersetzen. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass die vom Bundesrat angeordnete Maskentragpflicht verfassungsmässige Rechte (Grundrechte/Freiheitsrechte) und Persönlichkeitsrechte verletze. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein Eingriff in Freiheitsrechte zulässig ist, wenn hierfür eine gesetzliche Grundlage und ein öffentliches Interesse besteht, der Eingriff verhältnismässig ist und den Kerngehalt des Freiheitsrechts wahrt. Diese Voraussetzungen scheinen bei der vom Bundesrat verfügten Maskentragpflicht erfüllt zu sein. Allerdings besteht zu dieser Frage verständlicherweise noch keine Rechtsprechung.
Wir empfehlen Ihnen daher, sich in ihrem Betrieb strikt an die Vorgaben des Bundesrats zu halten. Die Covid-19-Verordnung besondere Lage schreibt in Art. 10 Abs. 1bis und 2 vor:
„Art. 10 Abs. 1bis und 2
1bis In Innenräumen muss jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer eine Gesichtsmaske tragen. Diese Pflicht gilt nicht für:
a. Arbeitsbereiche, in denen der Abstand zwischen den Arbeitsplätzen eingehalten werden kann, namentlich in abgetrennten Räumen;
b. Tätigkeiten, bei denen aus Sicherheitsgründen oder aufgrund der Art der Tätigkeit keine Maske getragen werden kann;
c. Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmasken tragen können.
2 Die Arbeitgeber treffen weitere Massnahmen gemäss dem STOP-Prinzip (Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung), namentlich die physische Trennung, getrennte Teams oder das Tragen von Gesichtsmasken in Aussenbereichen oder in Fahrzeugen.“
Von der grundsätzlichen Maskenpflicht am Arbeitsplatz ausgenommen sind erwachsene Personen also nur dann, wenn sie nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmaske tragen können. Als besondere Gründe sind dabei individuelle, persönliche Eigenschaften gemeint, die es einer Person verunmöglichen oder zumindest stark erschweren, eine Gesichtsmaske zu tragen. Irgendwelche rechtliche Argumentationen, insbesondere die Berufung auf Grundrechte, die ja für jedermann gelten, sind keine besonderen Gründe und fallen hierbei ausser Betracht. Wie gesagt, ist davon auszugehen, dass die vom Bundesrat angeordnete Maskentragpflicht verfassungskonform ist.
Ferner hat der Arbeitgeber gemäss Art. 328 Abs. 2 OR zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Mitarbeitenden die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung billigerweise zugemutet werden kann. Auch hieraus lässt sich die Zulässigkeit einer Maskentragpflicht als betriebliche Weisung ableiten. Zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gehört in der heutigen Pandemie-Situation sicher auch die Weisung an die Mitarbeitenden, wenn immer möglich im Sinne der bundesrätlichen Verordnung im Betrieb eine Gesichtsmaske zu tragen, sofern keine anderen Schutzmassnahmen zur Verfügung stehen.
Wenn sich also ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin weigert, im Betrieb eine Gesichtsmaske zu tragen, ist er/sie aufzufordern, einen besonderen, in aller Regel medizinisch indizierten, Grund (z.B. Lungenkrankheit) anzugeben und diesen mittels eines Arztzeugnisses zu belegen.
Wird ein Arztzeugnis vorgelegt, sind in Bezug auf diesen Mitarbeiter oder diese Mitarbeiterin nach dem STOP-Prinzip soweit möglich andere Schutzvorkehrungen zu treffen, um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten.
Wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin kein Arztzeugnis vorlegt und auch sonst keinen nachvollziehbaren Grund nachweist, weshalb es ihm/ihr nicht möglich oder unzumutbar ist, eine Gesichtsmaske zu tragen und er/sie sich weiterhin weigert, letzteres zu tun, so ist zu prüfen, ob es auf andere Weise mit vernünftigem Aufwand möglich ist, im Betrieb bzw. bei der Arbeit den erforderlichen Schutz zu gewährleisten. Ist auch dies nicht der Fall, so kann der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin auf folgendes hingewiesen werden:
„Die Maskentragpflicht im Betrieb ist eine verbindliche Vorgabe des Bundesrats. Gestützt darauf haben wir diese auch als Weisung in unserem Betrieb für alle Mitarbeitenden angeordnet. Offenbar weigern Sie sich, dieser gesetzlichen Vorgabe und unserer Anordnung Folge zu leisten, ohne dass Sie einen besonderen, d.h. individuellen, namentlich medizinischen, Grund nachgewiesen haben, der es Ihnen verunmöglicht oder zumindest erheblich erschwert, eine Schutzmaske zu tragen. Andere Schutzmassnahmen sind in ihrem Fall nicht möglich oder zu aufwändig. Daher geben wir Ihnen hiermit nochmals die Gelegenheit, die angeordnete Maskentragpflicht ab sofort zu befolgen. Wenn Sie das weiterhin ablehnen, weisen wir Sie zum Schutz unserer anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, den Betrieb zu verlassen. Sie haben in diesem Fall aber zu gewärtigen, dass wir das Arbeitsverhältnis mit Ihnen kündigen. Solange Ihre Weigerung andauert, besteht unsererseits jedenfalls keine Lohnfortzahlungspflicht.“
Selbstverständlich steht es im Vordergrund, die Mitarbeitenden von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der angeordneten Schutzmassnahmen zu überzeugen, nicht zuletzt um einen noch härteren Lockdown zu vermeiden. Zu einer Wegweisung aus dem Betrieb und einer Kündigungsandrohung sollte man natürlich nur als letztes Mittel greifen.
Gerne hoffe ich, dass Ihnen diese Ausführungen hilfreich sind.
Mit freundlichen Grüssen
Thomas Bolt, Geschäftsführer/Sekretär AGV Rheintal